Spessart 2021

Der Spessart – das neuentdeckte Bikerparadies

Die älteren Semester unter uns werden sich vielleicht noch daran erinnern: “Erbarmen: Die Hesse kommen!”. Dieser wunderbare Song der Rodgau Monotones aus den frühen 80er Jahren kam mir bei unserer Spessart-Tour wieder in den Sinn und hat sich richtig festgefressen. Er ist nicht nur ein tolles Stück Musik, sondern bringt das Fazit unserer Reise auch perfekt auf den Punkt. Denn Hessen – und besonders der Spessart – lag viel zu lang unter unserem “Biker-Radar”. Vielleicht war auch die geografische Lag daran schuld: Irgendwie waren die Hessen im “Biker-Blick” eingeklemmt zwischen Bayern, dem Rheinland und dem Thüringer Wald. Nach fünf Tourentagen stand für uns jedenfalls fest: Hessen ist eine Kernregion der deutschen Biker-Landschaft mit viel Herz und langer Geschichte. Und bis heute ist das Land ein Muss für jeden Tourenfahrer.

Unsere Basisstation hatten wir im Landgasthof “Jossgrund” aufgeschlagen. Das war ein Volltreffer, denn das geräumige, auch von “Tourenfahrer” empfohlene Haus hat alle Erwartungen erfüllt. Es ist mit seinem riesigen Innenhof und einer großen Garage auf Motorradgruppen bestens vorbereitet. Biker sind hier oft und gern gesehene Gäste. Die hauseigene Fleischerei sorgt im Gasthof für eine zünftige regionale Küche. Draußen prangt ein Schild vom “Guinness-Schnitzelweltmeister” und das ist nicht übertrieben.

Die eigentliche Überraschung war aber der Spessart selbst. Unsere achtköpfige Tourengruppe war einfach hin und weg. Natürlich findet man hier im Mittelgebirge keine alpinen Felsformationen. Dafür sind in diesem Märchenwald die Vielfalt und Kombinationsmöglichkeit der Strecken aber einfach enorm. Alle Straßen sind bestens ausgebaut und der Grip auf dem Asphalt lässt keine Wünsche offen. Sowohl Kurvenjunkies als auch genussvolle Cruiser kommen hier auf ihre Kosten. Und das Wichtigste überhaupt: Man ist hier oft kilometerlang nahezu allein auf weiter Flur. Wer also eine hochwertige und ebenso anspruchsvolle Tourenlandschaft sucht, sollte den Spessart ganz oben auf seine Liste setzen.

In fünf Tourentagen haben wir den Spessart und die benachbarten Regionen ausgiebig unter die Räder genommen. Es ging in Richtung Vogelsberg, natürlich hinab ins schöne Mainfranken, aber auch durch die Rhön bis zum Thüringer Wald. Dabei haben wir viele reizvolle Blicke und Städtchen entdeckt, die immer einen Stopp wert gewesen sind. Man denke nur an Büdingen, an die Wasserkuppe, an Meiningen oder an Gemünden und Lohr am Main. Selbst für die Kelten-Welten am Glauberg blieb noch genügend Zeit. Und natürlich gehört für einen Biker auch der legendäre Schottenring mit zum Pflichtprogramm.

Am Ende waren alle des Lobes voll. Wir haben eine perfekte Herbst-Tour erlebt, mussten uns aber eingestehen: Der Spessart ist in der Motorrad-Community bislang viel zu oft übersehen worden. Wir meinen: Völlig zu Unrecht! Denn der Spessart ist heute ein Motorradparadies, und zwar eines der schönsten unseres Landes.

 

Einen Technik-Tipp will ich hier nicht unter den Tisch fallen lassen. In einer regennassen, schlüpfrigen Kurve musste ich leider gravierende Unterschiede bei meinen Tourenreifen ausmachen. Klar, es hat auch an Luft im Reifen gefehlt, aber das allein war es nicht. Früher fuhr ich immer den Pirelli Scorpion Trail II und war damit glücklich. Nun hatte mein neues Bike ab Werk den Bridgestone Battlax T31 aufgezogen. Ich will lieber nicht weiter ins Detail gehen, aber die Regenfahrt zwischen beiden Reifen trennen Welten – und zwar trotz Rain-Modus und Kurven-ABS. Solche Experimente brauche ich wirklich nicht! Nach meiner Rückkehr wird nun wieder der Italiener aufgezogen.

Rolf Schwanitz

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